Einhundertvier

Dokumentarfilm
Deutschland 2023
Regie: Jonathan Schörnig
Laufzeit: 96 min.
FSK ab 12

Jedes Jahr kostet die tödliche Fluchtroute übers zentrale Mittelmeer tausende Menschen das Leben. Schon im ersten Halbjahr 2023 starben dort fast 2000 von ihnen. Die Helfer und deren Aktionen werden nicht selten kriminalisiert. Zivile Helfende von Vereinen wie „Mission Lifeline“ bringen sich dennoch freiwillig in Gefahr, um die hilflos auf dem offenen Meer treibenden Menschen zu retten. Eine ihrer Aktionen wurde von Regisseur Jonathan Schörnig begleitet. 

Nach mehreren Tagen auf hoher See treiben die meist restlos überfüllten Flüchtlingsboote sinkbereit auf dem Wasser, weil etliche Mittelmeerhäfen ihnen die Landung verweigern. Der Film (sein Titel spielt auf die Zahl der Geretteten an) schildert ausführlich, wie eine für alle Beteiligten lebensbedrohliche Rettungsaktion abläuft und unter welchem Druck sie stehen. Bis zu sechs Kameras filmen parallel das Geschehen. Jede Kamera dokumentiert dabei eine andere Situation und ist auf unterschiedliche Beteiligte des Rettungsteams gerichtet. Eine Perspektive zeigt den Schiffsführer und Skipper, wie er Funksprüche absendet und versucht, den Überblick zu wahren. Eine andere Kamera dokumentiert die Geschehnisse auf dem Beiboot, das sich auf dem Weg zum Flüchtlingsboot macht. Dort werden Rettungswesten an die über 100 völlig entkräfteten Menschen im Gummiboot verteilt, das bei zu viel Bewegung zu kentern droht. Weitere Kameras verfolgen die Ereignisse auf der „Eleonore“, etwa wenn weitere Helfer die Flüchtlinge an Bord des Rettungsbootes nehmen. 

Die teils hektischen, dramatischen Ereignisse verfolgt der/die Zuschauer*in fast gleichzeitig, sodass auch beim Zusehen ein Gefühl der Anspannung und inneren Unruhe entsteht – beklemmend und nachdrücklich. Ein unangenehm authentischer Einblick in eine lebensgefährliche Seenot-Rettungsaktion im Mittelmeer, der an Realismus nicht zu übertreffen ist.