Der Pfau
Deutschland 2023
Regie: Lutz Heineking Jr.
nach dem Roman von Isabel Bogdan
Besetzung: Annette Frier, Tom Schilling, Jürgen Vogel, David Kriss, Lavinia Wilson, Svenja Jung, …
Laufzeit: 105 min.
FSK ab 12
„Außen hui, innen pfui“ stellen die in Maßanzügen gehüllten Mitarbeiter einer Investmentbank fest, als sie auf dem schottischen Landsitz von Lord und Lady Macintosh mitten in den Highlands eingetroffen sind und sowohl Gelände als auch Innenausstattung begutachtet haben. Die Mehrbettzimmer mit Doppelstockbetten und Gemeinschaftsbad sowie fehlendes Mobilnetz und W-Lan erinnern eher an eine marode, heruntergekommene Jugendherberge. Es soll hier ja auch nicht um ein Wochenende in Luxus und Komfort gehen. Linda Bachmann, die Abteilungsleiterin, hat die ausgewählte Crew hierher eingeladen, um neben Teambuilding und Kreativität die Jahresbilanzen zu steigern.
Eigens hierfür hat sie die Seminarleiterin Rebecca engagiert. Deren Coaching kommt den Teammitgliedern allerdings von Anfang an fragwürdig und wenig zielführend vor. Lust hat ohnehin keiner der miteinander rivalisierenden Seminarteilnehmer auf die gruppendynamischen Prozesse. So lässt sowohl das Ambiente des Anwesens als auch die Methodik der bemühten Dozentin keine Begeisterung aufkommen. Stattdessen bootet man sich lieber gegenseitig aus. Daran können auch die Künste von Köchin Helen nichts ändern. Und dann verschwindet auch noch der Lieblingspfau des Lords, eine merkwürdige Kreatur, die auf die Farbe Blau extrem aggressiv reagiert und damit schon viel Unheil angerichtet hat. Hat da jemand Hand angelegt? Die Seminarteilnehmer sind verunsichert und niemand traut mehr dem anderen. Als sich dann auch noch die Lieblingsgans der Lady in Luft aufgelöst hat, wird’s richtig ernst. An ein zügiges Hier-weg-Können ist zudem gar nicht mehr zu denken, hat doch ein schwerer Schneesturm begonnen, der den Landsitz in tiefstes Weiß hüllt…
Agatha Christie und Miss Marple lassen grüßen. Das Setting: ein einsam gelegenes, verwinkeltes Schloss. Die Figuren: eine Gruppe von Leuten, die sich nicht gerade mögen, hier zusammengesperrt sind und nicht wegkönnen. Darüber hinaus: ein merkwürdiges Tier, mit dem wohl nicht zu spaßen ist. Im Genre des klassischen britischen Krimis orientiert sich Lutz Heinekings Adaption des Bestsellers „Der Pfau“ von Isabel Bogdan klar an der Virtuosität der Vorbilder. Durch den inszenatorischen Kniff, das Geschehen teilweise aus der Vogelperspektive zu beobachten und sich dabei jeweils auf einen bestimmten Protagonisten zu konzentrieren, verliert der Zuschauende nie den Überblick über das Geschehen und kann amüsiert verfolgen, wie sich die Charaktere gegenseitig beäugen, ausspionieren und triezen. Dem Drehbuch geht es vornehmlich darum, die Eitelkeit der Figuren genüsslich zu zerlegen. Mit süffisant bissigem und zeitweise auch rotzig-abgebrühtem Charme, mit viel Humor und Ironie bieten die AkteurInnen ein vielschichtiges Spiel, in dem Spott und Sticheleien auf vergnüglichste Weise dargeboten werden.
